Schwerpunkt

Liebespaare in der Bibel

von Silvia Rietz

Im Hohelied der Liebe im ersten Korintherbrief schreibt Paulus: «Nun aber bleiben Glaube, ­Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die Grösste unter ihnen.» Die Verbindung zwischen Mann und Frau wird auch in der Heiligen Schrift als etwas Besonderes wahrgenommen. Nicht nur die Kunst kennt berühmte Liebespaare, sondern auch in der Bibel finden sich Liebende. Das Alte Testament bietet eine Vielzahl von unterschiedlichen Paarbeziehungen.

ADAM UND EVA
Dem ersten Paar begegnen wir in der Schöpfungsgeschichte. Sie gelten als mythologische Stammeltern der gesamten Menschheit. Nachdem Gott Adam erschaffen hatte, stellte er fest: «Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei.» So wurde Eva geboren und zu Adams Gefährtin auserkoren. Der Schöpfungsakt mit der Rippe bedeutet nicht, dass Adam nun etwas fehlt, sondern symbolisiert, dass beide aus dem gleichen Baustoff gemacht und von daher absolut gleichwertig sind. Denn obschon Adam mit Tieren zusammen war, erhielt er erst mit Eva eine ihm entsprechende Partnerin, fühlte sich nicht mehr einsam. Das Fazit, wie es in der Bibel formuliert ist: «Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und sie werden sein ein Fleisch.» Adam und Eva sind das erste Liebespaar im Alten Testament, dem viele weitere folgen. 

ABRAHAM UND SARA
Die Stammeltern des Volkes Israel durchlebten eine schwierige Ehe. Sie erduldeten eine lange Phase der Kinderlosigkeit. Abraham war ein Feudalherr ohne Erben. Daher liess Sara ihren Mann mit ihrer Magd Ha­gar schlafen und ein Kind zeugen. Trotz ihres Entscheids war sie eifersüchtig auf die Mutter seines Sohnes. Als es biologisch eigentlich nicht mehr möglich war, wurde Sara doch noch schwanger und gebar mit Isaak ebenfalls einen Sohn. So erfüllte sich Gottes Zusage, dass Abraham so viele Nachkommen wie Sterne am Himmel bekommen werde. Zitat: «Wer hätte wohl von Abraham gesagt, dass Sara Kinder stille.» Nach Isaaks Geburt setzte Sara mit gestärktem Selbstbewusstsein durch, dass Abraham die Zweitfrau fortschickte. Selbst, dass er bereit gewesen wäre, den gemeinsamen Sohn für Gott zu töten, vermochte die Beziehung des Ehepaares nicht zu zerstören. Die Liebe der beiden war stärker als die belastende Kinderlosigkeit und die Liaison mit Hagar. Die letzte Ruhe fand das Paar nebeneinander liegend in einer Höhle bei Hebron.   

DAVID UND BATSEBA 
Der König und seine Geliebte: Die Geschichtsbücher sind voller Geschichten von Herrschern und ihren Mätressen und Kurtisanen. Im Alten Testament verkörpert König David den Prototypen eines aufrechten Mannes: intelligent, loyal, tapfer, talentierter Musiker und Dichter, der stets als idealer König stilisiert wird. Seine Schwäche jedoch sind die Frauen. Der polygam lebende Herrscher begehrt die Frau von einem seiner Offiziere. Von Liebe ist nicht die Rede, doch als David die verführerische Bat­seba sieht, will er sie haben, zu sich nehmen, mit ihr zusammen sein. Auch Batseba ist für das Flirten und die Erotik empfänglich, lässt sich von David beim Baden beobachten: «Da sah er vom Dach aus eine Frau sich waschen; und die Frau war von sehr schöner Gestalt.» David und Batseba verbringen miteinander eine Nacht im Palast. Doch Batseba ist mit dem Soldaten Uria verheiratet. Damit er die Angebetete alleine für sich hat, schickt David Uria ins Schlachtgetümmel, wo dieser getötet wird. Um den Ehebruch mit Todesfolge zu sühnen, muss das in der Liebesnacht gezeugte Kind sterben. Dafür wird der zweite Sohn der heimlichen Geliebten, Salomo, auf Batsebas Wunsch, der neue Herrscher Israels. Die so leidenschaftliche wie tragische Beziehung zeigt auf, dass kein Mensch, nicht einmal ein von Gott gewollter König, ohne Fehl und Tadel ist, und das jeder für seine Fehler einstehen muss.

KÖNIG SALOMON UND DIE KÖNIGIN VON SABA 
Hätte es im 10. Jahrhundert v. Chr. bereits eine Boulevardpresse gegeben, so wäre die kurze, aber leidenschaftliche Liaison der beiden Monarchen auf der Titelseite gelandet: Eine royale Lovestory ohne Happyend mit gemeinsamer Zukunft. Im Buch der Könige ist zu lesen: «Als aber die Königin von Saba alle Weisheit Salomos sah und das Haus, das er gebaut hatte, stockte ihr der Atem. König Salomo gab der Königin von Saba alles, was ihr gefiel und was sie erbat.» Die schöne Herrscherin hörte von Salomos Weisheit und reiste nach Jerusalem, um den Vielgerühmten kennenzulernen. Es begegneten sich zwei intellektuelle, aufgeschlossene und attraktive Regenten auf Augenhöhe. Zwischen der Königin aus dem heutigen Äthiopien und Salomo funkte es heftig. Angeblich soll ein Sohn aus dieser Liebesbeziehung stammen. Die Königin von Saba ist jedoch keine historische, sondern eine legendäre Figur, beschäftigt die Fantasie der Menschen seit Jahrhunderten. Künstler haben die schöne Herrscherin gemalt, Gina Lollobrigida sie 1959 im Film «Salomon und die Königin von Saba» gespielt, Georg Friedrich Händel komponierte den Einzug der Königin von Saba in seinem Oratorium «Salomon», Karl Goldmark hat den Stoff zur Oper «Die Königin von Saba» vertont, die 1875 in Wien uraufgeführt wurde.  

SAMSON UND DALILA 
Im Buch der Richter begegnen wir der Leidenschaft pur. Samson ist ein Draufgänger und Frauenheld. Ein Adonis mit wallendem Haar, von dem man im ersten Moment nicht annehmen würde, dass der Allmächtige ihn für etwas Grosses vorgesehen hat und mit unbesiegbarer Stärke beschenkte. Doch genau diesen Mann wählt Gott noch vor seiner Geburt aus, ein Engel kündet seine Empfängnis an. Samson schaffte es, eine ganze Armee von mehreren Tausend Philistern alleine zu besiegen. Nun bestachen die Feinde die schöne Dalila, versprachen ihr viel Geld für das Geheimnis von Samson. Dieser verliebte sich prompt in die verführerische Schöne. Blind vor Liebe offenbarte er, dass die langen Haare ihm Kraft verleihen. Nach Dalilas Verrat wurde Samsons Kopf geschoren, seine Augen geblendet und der einstige Held wanderte in den Kerker. Wir kennen die Geschichte: Die Haare wuchsen nach und der blinde Samson brachte die Säulen der Halle zum Einstürzen, tötete damit 3000 Feinde und sich selbst. Viele Philosophen und Künstler liessen sich von dem Liebespaar inspirieren. Die Bibelstelle: «Und sie liess ihn einschlafen in ihrem Schoss», wurde unter anderem von Peter Paul Rubens auf die Leinwand gebannt und weist auf den Moment des Haareschneidens hin. Zwischen 1868 und 1877 schuf Camille Saint-Saëns die Oper «Samson et Dalila» und setzte der sinnlich-erotischen Liebe ein Denkmal. 

LIEBE UND EROTIK IN DER BIBEL 
In der Bibel finden sich weitere Liebesgeschichten, wie jene von Rut und Boas oder der Jüdin Esther und dem persischen König Xerxes. Nicht nur Liebesgeschichten sind im Alten Testament zu finden, sondern vor allem im Hohelied Salomons wird die Liebe selbst und auch die Erotik besungen. Was für Gefühle das Lieben auslöst, Zärtlichkeiten und Sehnsüchte, das Verzaubertsein, werden nicht derb beim Namen genannt, sondern in poetischen Bildern beschrieben. Verliebte preisen ihr Herz und ihren Körper, schwärmen von der Geliebten oder vom Geliebten: «Er küsste mich mit dem Kusse seines Mundes. Denn seine Liebe ist lieblicher als Wein.» In der Bibel findet sich ein breites Spektrum zum Thema Liebe und Sexualität. Liebesgeschichten, die fesseln und spannend zu lesen sind, Psalmen voller Lyrik und Poesie. Jede Form von Liebe ist ein Gottesgeschenk.   

Silvia Rietz ist Journalistin, Konzertveranstalterin, engagierte Christin und Redaktions­leiterin des Antoniusheftes. Sie gehört zum Redaktionsteam des «Kirchenblatt».