Focus

Das Fest des gegenseitigen Verstehens

Religiöse Feiertage abschaffen – was halten Sie davon?
Thomas Wallimann-Sasaki: Das ist eine schlechte Idee. Weil sie wichtige Dinge unseres Menschseins ausblendet.

Und die wären?
Wir müssen uns als Menschen fragen, was uns wichtig ist. Meiner Ansicht nach sind drei Dinge zentral für die menschliche Gesellschaft: die Gestaltung des Zusammenlebens, die Arbeit und die Beschäftigung mit Sinn- und Wertfragen. Feiertage schaffen genau den Raum, um Fragen nach Sinn und Wert nachzugehen und eine gewisse Erfüllung diesbezüglich zu finden. Mehr noch: Traditionelle Feiertage geben Sinn. Und: Die Sinnfrage ist immer eine religiöse.

Und neben all der Sinnsuche ...?
... bieten Feiertage eine Rhythmisierung von Lebensabläufen. Wir sind keine Roboter, die nur Strom brauchen. Feiertage bringen einen zusätzlichen Rhythmus in den Jahres- und Arbeitsverlauf und machen beides lebendiger.

Pfingsten ist womöglich das modernste christliche Fest. Universal ­zugänglich, weil es weder Kreuz noch Krippe braucht.
Ich würde es so sagen: Religionen feiern Grundwahrheiten. An Weihnachten wird der neue Mensch gefeiert, an Karfreitag gedenkt man des Leidens. Und Ostern ist ein Grundfest der Hoffnung. Alles universale Feste, wenn man es so betrachtet.

Und Pfingsten ...?
Pfingsten möchte uns vermitteln, getragen zu sein von etwas Grösserem, eben dem Geist, und nicht alleine zu sein. Uns gegenseitig verstehen zu können.

Thomas Wallimann-Sasaki (*1965) ist katholischer Theologe und Sozial­ethiker. Er leitet das Institut für ­Sozialethik «ethik22» in Zürich. Zudem ist er Dozent für Ethik an der Hoch­schule Luzern. 

Der vollständige Text via https://www.aargauerzeitung.ch/leben/ein-theologe-sagt-warum-traditionelle-feiertage-wie-pfingsten-wichtig-sind-fur-die-gemeinschaft-ld.1125919