«Infantilisierendes System»: Massive Kritik an der Gemeinschaft Eucharistein

Defizite in Führung, Ausbildung und Betreuung: Das hat eine bischöfliche Überprüfung in der charismatischen Gemeinschaft Eucharistein zutage gebracht. Der Leiter der Gemeinschaft kündigt nun Massnahmen an. Diese betreffen auch eine Dependance im Wallis.

Barbara Ludwig

Zur charismatischen Gemeinschaft Eucharistein gehören drei Niederlassungen. Zwei davon befinden sich in Frankreich und eine in Epinassey im Wallis. Im vergangenen Jahr war die vom Walliser Nicolas Buttet gegründete Gemeinschaft Gegenstand einer bischöflichen Visitation, wie das Newsportal cath.ch am Montag berichtete.

Gespräche mit allen Mitgliedern

Die kirchliche Untersuchung wurde von einem Dominikaner und einer Laienschwester der Gemeinschaft «Regnum Christi» in allen Niederlassungen durchgeführt und dauerte zwei Monate. Die beiden hätten mit jedem Mitglied von Eucharistein Gespräche geführt, so cath.ch.

Ihr Untersuchungsbericht ortete in der Folge Defizite im Bereich der Führung, der Ausbildung und der Betreuung der Mitglieder. Auch dem französischen Bischof von Fréjus-Toulon, Dominique Rey, werden Versäumnisse vorgeworfen. Dieser hatte die Gemeinschaft in seiner Diözese zugelassen.

«Infantilisierendes System»

Der Bericht stellt fest, das Gemeinschaftsleben sei durch ein «pyramidales, missbräuchliches und infantilisierendes System» geprägt, das die Menschen in den verschiedenen Dimensionen ihres Seins, insbesondere ihrer Psychologie, vernichte.

In einem Brief an die Angehörigen der Mitglieder beschreibt Leiter Cyrille Jacquot die Ergebnisse der Untersuchung in eigenen Worten. Die Visitatoren hätten festgestellt, dass den Mitgliedern zu wenig Raum für Intimität bleibe. Zudem betone das Gemeinschaftskonzept zu stark, alles müsse gemeinsam gemacht werden. Weiter stelle der Bericht einen Mangel an Subsidiarität fest. So würden die Mitglieder nicht angehalten, selber Verantwortung zu übernehmen.

Bild einer «gesunden Gemeinschaft»

Jacquot bestätigte, der zuständige Bischof habe die Gemeinschaft in den ersten Jahren nicht genügend unterstützt. Gegenüber cath.ch erklärt er: «Ich glaube, einer der Gründe dafür ist, dass Eucharistein lange Zeit das Bild einer gesunden Gemeinschaft abgab.» Die Verantwortlichen des Bistums hätten so kaum erahnen können, dass in der Gemeinschaft eine Krise schwelte.

Burnout und Depressionen

Die Krise scheint aber handfest, wie aus dem Bericht von cath.ch hervorgeht. Als Jacquot im September 2020 zum Leiter der Gemeinschaft gewählt wird, wurde ihm offenbar klar, wie es um die Gemeinschaft steht. Der Leiter spricht von Brüdern und Schwestern, die ein Burnout haben oder an Depressionen leiden. Zurzeit befänden sich von rund 40 Mitgliedern acht ausserhalb der Gemeinschaft in Rekonvaleszenz. Er selber habe Bischof Dominique Rey um eine Visitation gebeten.

Nun kündigt der Leiter Massnahmen an, um die Mängel zu beseitigen. Bereits begonnen habe er eine Führungsausbildung, gemeinsam mit einem der Oberen. Zudem soll ein Novizenmeister ernannt und ausgebildet werden. In der Zwischenzeit bleibe das Noviziat geschlossen, sagte Jacquot. Im kommenden Jahr wird die Gemeinschaft zudem ein Jahr lang eine Ausbildung zum geistlichen Leben und zum Ordensleben erhalten.