Steuerreform soll Gemeinwohl berücksichtigen

Nach dem Scheitern der Unternehmenssteuerreform (USR III) an der Urne hat der Bundesrat eine Neuauflage des Projekts ausgearbeitet. Die Kirchen befürworten die eingeschlagene Richtung der Steuervorlage 17 grundsätzlich. Aus Sorge um das Gemeinwohl und den gesellschaftlichen Zusammenhalt schlagen sie aber vor, dass die Gemeinden und Städte stärker berücksichtigt werden.

Die Kirchen befürworten die eingeschlagene Richtung grundsätzlich, heisst es in einer Medienmitteilung der Schweizer Bischofskonferenz (SBK), des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK), der Christkatholischen Kirche der Schweiz (CKK) und der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ) vom Mittwoch. In ihrer Vernehmlassungsantwort schreiben die Kirchen und die RKZ, die Steuervorlage 17 trage zu einem gerechteren und transparenteren Steuerwettbewerb bei.

«"Die neue Steuerreform ist ausgewogener als die an der Urne abgelehnte USR III."»

Besonders begrüssen sie laut dem Dokument, dass die neue Vorlage die "Reformlasten" im Vergleich mit der USR III ausgewogener verteilt. RKZ-Generalsekretär Daniel Kosch sagt auf Anfrage: "Die neue Steuerreform ist ausgewogener als die an der Urne abgelehnte USR III." Dazu trage ein ganzes Bündel unterschiedlicher Massnahmen bei. So werde zum Beispiel die "Patentbox" begrenzt. Und die Abzüge für Forschung und Entwicklung würden auf Gesetzesstufe abschliessend geregelt. Zur Ausgewogenheit der Reform tragen laut Kosch zudem die Erhöhung der Dividendenbesteuerung und die Erhöhung der Mindestvorgabe des Bundes für die Familienzulage bei.

Kantone brauchen Spielraum für vertikalen Ausgleich

Aus Sicht der Kirchen berücksichtigt die Steuervorlage 17 zudem die Auswirkungen auf Städte und Gemeinden besser als das gescheiterte Reformprojekt. Dennoch sind sie mit der Vorlage in diesem Bereich nicht ganz zufrieden. Der Bundesrat will den Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer von 17 auf 20,5 Prozent erhöhen. Mit diesen Mitteln sollen die erwarteten Steuerausfälle bei den Kantonen kompensiert werden. Die Kirchen halten den Vorschlag des Bundesrates für ungenügend und plädieren deshalb für eine Erhöhung auf mindestens 21,2 Prozent.

«Die kommunale Ebene ist für den "gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt" von grosser Bedeutung.»

"Nur so erhalten die Kantone den nötigen Spielraum für die Berücksichtigung der Städte, Gemeinden und Kirchgemeinden beim vertikalen Ausgleich", heisst es in der Vernehmlassungsantwort. Dieser vertikale Ausgleich ist den Kirchen ein wichtiges Anliegen, betonen sie im Begleitbrief an Finanzminister Ueli Maurer, der kath.ch vorliegt. Denn die kommunale Ebene sei für den "gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt" und die Sorge um "das Wohl der Schwachen" von grosser Bedeutung.

Begriff "Gemeinwohl" soll ins Gesetz

Die Kirchen möchten denn auch den Begriff "Gemeinwohl" in der Vorlage verankert sehen. Dabei berufen sie sich im Begleitschreiben an den Finanzminister auf die Präambel der Bundesverfassung, gemäss der das staatliche Handeln sich am "Wohl der Schwachen" ausrichten soll.

Das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer soll die Kantone nicht nur dazu auffordern, bei der Umsetzung der Reform die Städte und Gemeinden zu berücksichtigen. Der Gesetzestext solle explizit auch die Finanzierung von Aufgaben, die dem "Gemeinwohl" dienen, sowie die "Kirchgemeinden" erwähnen, heisst es in der Medienmitteilung der Kirchen weiter.

Auch Kirchgemeinden explizit erwähnen

Kosch bestätigt gegenüber kath.ch, dass die "Kirchen" beziehungsweise "Kirchgemeinden" in der Vorlage bislang nicht vorkommen. Es sei wichtig, die Kantone darauf aufmerksam zu machen, dass in Kantonen, welche die Kirchensteuerpflicht für Unternehmen kennen, nebst den Kommunen auch die Kirchgemeinden von der Reform betroffen sind. Steuerverluste würden bei den Kirchgemeinden "zu einer Art negativem Schneeballeffekt" führen, "der gerade diejenigen trifft, die bereits am Rand der Gesellschaft leben", schreiben die Kirchen in ihrer Vernehmlassungsantwort. Bereits im Zusammenhang mit der USR III hätten kirchliche Kreise gefordert, dass auch die Kirchgemeinden von Ausgleichsmassnahmen profitieren sollten, sagt Kosch dazu.

«Steuerverluste führen zu "einer Art negativem Schnellballeffekt"»

Er betont, dass die Auswirkungen auf die Kirchen vor allem von der Umsetzung der Reform durch die Kantone abhingen. Nicht alle Instrumente der Reform seien von den Kantonen zwingend anzuwenden. Und je stärker diese die Steuersätze reduzierten, desto grösser seien die Folgen für die Kirchen.

 

Botschaft des Bundesrates geht im Frühjahr ans Parlament

Die Steuervorlage 17 ist noch bis am 6. Dezember in der Vernehmlassung. Sie verfolgt das gleiche Ziel wie die USR III. Auf ausländischen Druck hin sollen Steuerprivilegien für bestimmte Unternehmenstypen abgeschafft werden. Diese Unternehmen sollen im Gegenzug mit neuen Anreizen in der Schweiz gehalten werden.

Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) plant, dem Bundesrat die Botschaft an das Parlament im Frühjahr 2018 zu unterbreiten. Ein Inkrafttreten sei frühestens 2020 möglich, teilte das EFD bei der Eröffnung der Vernehmlassung am 6. September mit. Die USR III wurde am 12. Februar 2017 vom Volk mit einem Nein-Stimmen-Anteil von 59,1 Prozent abgelehnt. Auch die Stände lehnten die Vorlage ab. (bal)