«Die Kinder dieser Welt brauchen die Sternsinger.»

Sonja Lofaro (37) koordiniert seit Mai die Schweizer Sternsingen-Aktion. Diese Woche geht es zum Papst – mit Schweizer Sternsingern. Pünktlich zu ihrem Geburtstag an Dreikönig ist sie zurück. «Heimat ist ein Gefühl, kein Ort», sagt die Frau, die viel rumgekommen ist.

Eva Meienberg (kath.ch)

Sonja Lofaro reist gern, am liebsten so, dass ihre Reise «Teil von etwas Grösserem ist», wie sie ihre Hilfswerkeinsätze beschreibt. Ihre Reisen führten sie nach Paraguay, Peru und Nepal. Sonja Lofaro schlägt als Treffpunkt das Basler Münster vor. Wir gehen aber nicht in die Kirche, sondern auf die Plattform hinter dem Münster. «Dort gibt’s den Weitblick, den ich manchmal brauche.» Die Frau mit den strahlend grünen Augen und dem herzlichen Lachen hält inne, bevor sie die Vorzüge ihres neuen Wohnortes lobt.

Nomadin mit leichtem Gepäck

In Basel begegne sie Menschen aus verschiedensten Ländern, das gefalle ihr sehr. Die Religionspädagogin bezeichnet sich selbst als «Nomadin mit leichtem Gepäck». Dies, obwohl sie bis zu ihrem 20. Lebensjahr neben Trimbach und Kalabrien kaum andere Orte gesehen hat. Fiumara ist der Ort, aus der ihre Eltern stammen. Dort verbringen auch die zwei älteren Geschwister ihre ersten Jahre, bevor die Familie in die Schweiz zieht. Sonja Lofaro kommt in Olten auf die Welt. Die Sommerferien verbringt die Familie immer in Süditalien. Dann schliessen Vater und Onkel den gemeinsamen Spezialitätenladen für drei Wochen. Die übrige Zeit ist der Laden geöffnet und auch die Kinder packen mit an.

Nicht wirklich dazugehören

«In Kalabrien war ich eine Touristin, in der Schweiz eine Ausländerin», sagt Sonja Lofaro, die heute Schweizer Bürgerin ist. Das Gefühl, nirgends wirklich hinzugehören, hat sie die meiste Zeit ihres Lebens begleitet. Während unseres Gesprächs spricht Sonja Lofaro immer wieder von Heimat und meint damit nicht einfach einen Ort, wie sich herausstellen wird.

Nach der KV-Lehre bei der Schweizerischen Post und eineinhalb Jahren im Job will Sonja Lofaro ins Ausland. Mit 20 Jahren macht sie ein Volontariat in Paraguay. In Südamerika, weit weg von der Schweiz und Italien, erlebt sie ihren Migrationshintergrund zum ersten Mal als Ressource. Während ihre Mitreisenden bestürzt gewesen seien über die Zustände der Dörfer und Strassen, bringt sie das nicht aus der Ruhe. «Bei uns in Süditalien sieht es ähnlich aus», sagt Sonja Lofaro. Und Spanisch lernen ist für die Italienisch Sprechende ein Kinderspiel.

Innere Ungeduld

Zurück in der Schweiz arbeitet Sonja Lofaro in einem Coachingunternehmen. Das Unternehmen ist familiär, der Umgang persönlich. Nach vier Jahren schickt sie der Chef zu einem Berufsberatungstermin. «Ihm ist meine innere Ungeduld aufgefallen», sagt Sonja Lofaro. Die Beratung ergibt, dass Sonja Lofaro eine Arbeit im sozialen Bereich besser liegt. Das weiss die kaufmännische Angestellte schon lange. Gespürt hat sie es immer wieder als Leiterin der Ministrantinnengruppe und bei ihrem Engagement in der Pfarrei. Sonja Lofaro nimmt allen Mut zusammen, kündigt und macht sich aktiv auf die Suche nach dem nächsten Schritt auf ihrem Bildungsweg.

Heimisch am RPI

Per Zufall stösst sie bei ihrer Recherche auf das Religionspädagogische Institut in Luzern. Den Anmeldetermin für den Informationsabend, der just am nächsten Tag stattfindet, hat sie längst verpasst. Ihre Schwester ermutigt sie, dennoch am nächsten Tag ans RPI zu reisen. «Als ich die Treppe heraufgekommen bin und das Kreuz an der Wand gesehen habe, habe ich ausgeatmet und mich sofort heimisch gefühlt», beschreibt sie ihre Ankunft an ihrem zukünftigen Studienort.

2010 beginnt die Studentin die berufsbegleitende Ausbildung am RPI. Die vier Jahre seien eine Horizonterweiterung gewesen – intellektuell und persönlich. Die Auseinandersetzung mit ihrem Glauben habe immer im Vordergrund gestanden. «Der historisch-kritische Zugang zu den heiligen Texten war aufwühlend für mich.» Oft habe sie sich gefragt, ob sie überhaupt noch glaube. Auch die Aussicht als junge Frau in der Kirche zu arbeiten, habe sie beunruhigt.

Heimat ist ein Gefühl

Aber die praktische Arbeit in den Pfarreien in Thun und in Grenchen mit den Erstkommunionkindern, den Ministranten und den Firmlingen hat sie in ihrer Wahl bestärkt. Sie erinnert sich gern an die Reisen nach Taizé, die Gottesdienste, in die sie ihre Musikalität einbringen konnte. Und daran, wie sie vor der ersten Lektion Religionsunterricht gezittert habe. In dieser Zeit sei sie ständig zwischen der Pfarrei, dem Elternhaus und Luzern unterwegs gewesen. Alles nötige in einem Rucksack. Sie habe sich an allen Standorten schnell wohl gefühlt. «In dieser Zeit habe ich begonnen zu verstehen, dass Heimat ein Gefühl ist und kein Ort», sagt Sonja Lofaro.

2015, nach dem Abschluss ihres Studiums, bricht die Religionspädagogin erneut auf. Mit «Voyage Partage», damals an die Missionskonferenz angegliedert, reist sie für neun Monate nach Peru. Als man in Alto Trujillo merkt, dass Sonja Lofaro Religionslehrerin ist, wird sie nebst ihrer Mithilfe im Unterricht und in der Freizeitgestaltung auch in die Schulpastoral eingespannt.

Vorwärts nach Thun

Zurück in der Schweiz, ruft man sie nach Thun in die Pfarrei zurück. «Eigentlich möchte ich in meinem Leben vorwärts gehen», sagt Sonja Lofaro. Aber dennoch entscheidet sie sich, die Stelle in Thun anzutreten. Jetzt ist sie nicht mehr Praktikantin, sondern diplomierte Religionspädagogin. Highlight in dieser Zeit: die dreijährige Vorbereitung der Nepalreise mit 14 Jugendlichen, um damit ein Projekt für Frauen- und Kinderrechte zu unterstützen. 2019 wechselt die Religionspädagogin nach Arlesheim-Münchenstein und zieht nach Basel. In dieser Zeit schliesst sie den ökumenischen Lehrgang «Ignatianische Exerzitien und Geistliche Begleitung» bei den Jesuiten im Lasalle-Haus ab. «Der ignatianische Weg führt in die Suche nach mehr: mehr Leben, mehr Freiheit, mehr Tiefe», fasst Sonja Lofaro die Erkenntnisse der vierjährigen Ausbildung zusammen.

Die innere Unruhe verstehen

Während der grossen Exerzitien verbringt sie 30 Tage in der Stille. Kein Wort zu niemandem. «Am Anfang war es laut in mir und ich wollte nach vier Tagen die Koffer packen», erinnert sich Sonja Lofaro. Die geistliche Begleitgespräche hätten geholfen, die Unruhe zu verstehen und als Teil von sich selbst anzunehmen. Seit dem 1. Mai arbeitet Sonja Lofaro beim Hilfswerk Missio. Dort betreut sie den Bereich Kinder und Jugend und damit auch die Aktion Sternsinger. Die Kinder ziehen aus, singen, bringen den Segen und sammeln Geld für die diesjährigen Projekte in Ägypten, Ghana und in Südsudan. «Mir gefällt es, mit meiner Arbeit die Weltkirche in die heimischen Pfarreien zu bringen», sagt sie über ihre neue Arbeit im Hilfswerk.

Erst zum Papst, dann Geburtstag

Diese Woche geht es mit Schweizer Sternsingern zum Papst. Das schönste Geburtstagsgeschenk für Sonja Lofaro wäre, wenn die Sternsingergruppen nach kreativen Wegen suchen, trotz der Pandemie eine sichere Aktion Sternsingen durchzuführen. Denn: «Die Kinder dieser Welt brauchen die Sternsinger.»

 

Missio empfiehlt: Sternsinger sollen draussen singen

Letztes Jahr der erste Corona-Winter, dieses Jahr die Omikron-Variante: Schwierige Zeiten fürs Sternsingen. Sonja Lofaro von Misiso verbreitet dennoch Optimismus.