«Wie wird man Störenfriede los? Man macht sie zu Ketzern oder Heiligen»

«Die katholische Kirche leistet sich die Institution der Heiligsprechung. Das steckt ein weiterer problematischer Aspekt drin, den man leicht übersieht: Wie wird man Störenfriede los? Man macht sie zu Ketzern. Die kann man aus der Kirche ausschliessen und wie bei Schmidli gegebenenfalls hinrichten. Und wenn sie dann immer noch stören? Dann macht man sie zu Heiligen und stellt sie auf möglichst hohe Sockel. Sie entschwinden wie Luftballone in unerreichbare Höhen. Johannes Chysostomus, Maximus Confessor, Franziskus, Therese von Lisieux, Óscar Romero… Die Liste der Heiligen, die auf diese Weise entsorgt wurden, ist lang.»

Das sagte der Kirchenhistoriker Gregor Emmenegger in seinem Referat «Das Heilige in Heiligen: vom heilsamen und unheilvollen Umgang mit Vorbildern». Dabei bezog er sich insbesondere auf den Luzerner Jakob Schmidli, auch «Sulzig-Joggi» genannt, der 1747 als subversiver Pietist auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Emmenegger hatte über Schmidli für den Film «Der letzte Ketzer» geforscht. Das Referat hielt er an den Studientagen zur theologischen und gesellschaftlichen Erneuerung an der Universität Freiburg vom 13. bis 15. Juni. Thema war «Die Macht des Heiligen – über das Heilige, die Heiligkeit und Heiligung in einem säkularen Zeitalter». Emmenegger ist Titularprofessor und unterrichtet als Lehr- und Forschungsrat Patristik, Dogmengeschichte und alte Kirchengeschichte an der Universität Freiburg und Luzern. (rp)