Focus

Die Heiligkeit der ­Gemeinde

Die pastoraltheologische Diskussion um die Gemeindeidee geht nicht zuletzt von dem Grundaxiom aus, die Gemeinde sei eine auf Jesus selbst zurückgehende Form der Verwirklichung der Kirche. Nicht zuletzt die einflussreiche Schrift des Neutestamentlers Gerhard Lohfink* «Wie hat Jesus Gemeinde gewollt?» hat zu einer starken Fundierung dieses Konzeptes beigetragen. Gerhard Lohfinks Schlagwort von der «Kirche als Kontrastgesellschaft» spielt eine subtile Rolle. Die Gemeinde soll gar eine «Gegengesellschaft» sein, die dem von ihm herausgestellten biblischen Grundprinzip folgt, «das man die Heiligkeit der Gemeinde nennen könnte. Die Kirche ist nicht mehr nur durch die Erlösungstat Christi geheiligt, sie hat diese Heiligung auch in einem entsprechenden Leben zu realisieren. Sonst gleicht sie sich der Welt an.» Gerhard Lohfink konstatiert unumwunden ein scharfes Gegenüber von Gemeinde und Welt in den biblischen Texten, vor allem in den johanneischen Schriften. Er stellt abschliessend fest: «Vielleicht ist es ein Segen, dass uns heute die Illusion, in einer im Ganzen christlichen Gesellschaft zu leben, endgültig und gründlich zerschlagen wird. Das könnte den Blick dafür schärfen, dass die Kirche ihren eigenen Weg gehen muss.» 

*Der am 2. April verstorbene Priester und Neutestamentler Gerhard Lohfink (1934–2024) war einer der bekanntesten theologischen Autoren Deutschlands. Von der Bibel her müsse Kirche als «Kontrastgesellschaft» verstanden werden, schrieb er 1982 in seinem einflussreichen Werk «Wie hat Jesus Gemeinde gewollt?».

Werner Kleine, katholischer Theologe in Wuppertal. 

In: https://www.dei-verbum.de/hat-­jesus-gemeinde-gewollt/