Konzernverantwortung (KVI): Frauen gegen Frauen

CVP-Ständerätin Andrea Gmür kritisiert die Kirchen wegen der KVI – und spricht von «Hexenverbrennungen». Der Katholische Frauenbund widerspricht: «Wenn Konzerne Flüsse vergiften oder die Menschenrechte missachten, sollen sie dafür geradestehen.»

«Für uns ist klar, dass Frauen nicht nur in der Schweiz ihre Rechte erhalten sollen, sondern auch im Ausland», sagt Simone Curau-Aepli, Präsidentin Schweizerischer Katholischer Frauenbund. Zusammen mit Gabriela Allemann, Präsidentin Evangelische Frauen Schweiz, antwortet sie mit dem Brief «Christinnen für Konzern-Verantwortung» auf die Kampagne «Frauen gegen KVI». Dabei handelt es sich um eine Gruppierung von CVP-, FDP- und SVP-Politikerinnen. Sie kritisieren die Kirchen für ihren Einsatz zugunsten der KVI. CVP-Ständerätin Andrea Gmür fühlt sich verunglimpft und spricht gar von «Hexenverbrennungen».

Andrea Gmür spielt Gender-Karte

Die bürgerlichen Politikerinnen haben erkannt: Die KVI-Gegner haben das gleiche Problem wie Donald Trump – nämlich ein massives Frauenproblem. «Suburban Women, please like me», rief der US-Präsident amerikanischen Vorstadt-Frauen zu – wohlwissend, dass er ohne Frauen keine Wahl gewinnen kann. Die Gender-Karte spielt nun auch Andrea Gmür: «Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wir Frauen auf traurige Kinder mehr und anders reagieren als Männer», sagt Gmür zu kath.ch. «Bei den Umfragen sind die Zustimmungsraten bei Frauen bisher besonders hoch. Es ist mir ein Anliegen zu zeigen, dass auch Frauen aus gutem Grund gegen die Initiative sein können.» Doch es gibt viele Frauen, die das anders sehen. Der Katholische Frauenbund gehört zu den wichtigsten Unterstützern der KVI.

KVI und die Bibel

Für Präsidentin Simone Curau-Aepli und ihre reformierte Kollegin Gabriela Allemann steht fest: «Die Bibel ruft uns dazu auf, die Schöpfung zu bewahren und Nächstenliebe zu leben. Der biblische Aufruf spiegelt sich im Anliegen der Konzernverantwortungsinitiative wider. Die Initiative stellt sicher, dass Mensch und Natur nicht länger straflos ausgebeutet werden.» Die KVI verlange eine Selbstverständlichkeit: «Wenn Konzerne Flüsse vergiften oder die Menschenrechte missachten, sollen sie dafür geradestehen.» Ein Vorwurf von Andrea Gmür lautet, die KVI würde «gerade auch kleine und mittlere Unternehmen ohne Verschulden in aufwändige Verfahren» verwickeln. Diesen Vorwurf weist die Unternehmerin Simone Curau-Aepli zurück: «Das will ich auch nicht und das passiert auch nicht, wenn die KVI angenommen wird.»

Auch KMU in der Verantwortung

Unternehmen, die sich korrekt verhielten, hätten von der KVI nichts zu befürchten: «Haften müssen nur Konzerne für ihr eigenes Fehlverhalten und für von ihnen kontrollierte Unternehmen. Das betrifft die KMU nicht. Aber KMU haben eine Verantwortung mit Blick auf die Sorgfaltspflicht in der Lieferkette. Das ist richtig und heute schon für viele Unternehmen eine Selbstverständlichkeit», sagt die katholische Unternehmerin. Die Präsidentin des Schweizerischen Katholischen Frauenbundes betont: «Wir müssen lernen, die Sicht der Betroffenen und der Opfer ins Zentrum zu stellen. Das ist bei jedem Missbrauch so. Und hier geht es um Missbrauch.»

Die Haltung von Andrea Gmür kritisiert auch die ehemalige FDP-Nationalrätin Lili Nabholz. Sie gehört zu den Vorreiterinnen der bürgerlichen Frauenpolitik in der Schweiz: «Als Christin fühle ich mich grundlegenden Werten wie Respektierung der Menschenrechte und der Bewahrung der Schöpfung verpflichtet», sagt Nabholz. Beides wolle die KVI mit griffigen Massnahmen schützen. «Ich bin den Kirchen dankbar, dass sie Flagge zeigen und dafür einstehen, dass Verantwortung bei flagranten Verletzungen von Menschenrechten und Umweltstandards mehr bedeuten muss als die Konzerne bloss zu Rechenschaftsberichten zu verpflichten.»

Die Kampagne von Andrea Gmür wird ähnlich wie das Ethik-Komitee gegen die KVI von der Glencore-Agentur Furrerhugi unterstützt. «Diese Aktion ist auf Eigeninitiative von Ständerätin Andrea Gmür entstanden», sagt Furrerhugi-Chef Lorenz Furrer. «Wir haben sie bei der Korrespondenz und der Administration unterstützt sowie den Brief grafisch umgesetzt.»

Basler Bischof Felix Gmür wirft seiner Schwägerin «Kirchen-Bashing» vor

Die CVP-Ständerätin Andrea Gmür und weitere bürgerliche Politikerinnen haben in einem Offenen Brief das Engagement der Kirchen für die KVI scharf kritisiert. Gmürs Schwager, Bischof Felix Gmür, kontert: Die Vorwürfe seien «samt und sonders unhaltbar».

«Das ist eine Erfindung der Werbeagentur furrerhugi»

Bernd Nilles, Direktor des katholischen Hilfswerks Fastenopfer, akzeptiert die Aussage von CVP-Ständerätin Andrea Gmür nicht, christliche Befürworter der Konzernverantwortungsinitiative würden Gegner verleumden.

Frauen gegen die KVI: Das sagt Bischof Felix' Schwägerin

CVP-Ständerätin Andrea Gmür lanciert die Kampagne «Frauen gegen KVI: Offener Brief an die Kirchen». Sie findet: «Was momentan abläuft, erinnert an Hexenverbrennungen.» Unterstützung erhält sie von der Glencore-Agentur Furrerhugi.

Kirche für oder gegen, mit oder ohne KVI?

Daniel Kosch: Was zu erwarten war, ist nun eingetroffen: Dass die heftige Diskussion um die Konzernverantwortungsinitiative auch die Kirchen erreicht und für interne Spannungen sorgt.